Ausgabe 2 - 2020 - Volker Sommer

Welt der 1000 Stäbe.Was spricht gegen Zoos?

Abschied von der Zoo-Philie

Ein Foto im Familienalbum zeigt mich als 12jährigen, posierend vor einem vegetationslosen Gehege mit zwei Elefanten darin – entstanden während eines Tagesauflugs vom heimatlichen Nordhessen in den Frankfurter Zoo. Dem stand seinerzeit Professor Bernhard Grzimek vor. Dessen Fernsehsendung Ein Platz für Tiere war Mitte der 1960er Jahre überaus populär und festigte in mir den Entschluss, selbst einmal „Zoologe“ zu werden. [[Abbildung 1 Sommer privat; BU: Volker Sommer im Frankfurter Zoo]] Mittlerweile umfasst meine Karriere als Tierforscher 40 Jahre, mit Expertise hinsichtlich des Verhaltens wildlebender Affen und Menschenaffen in Asien und Afrika – wobei ich zunehmend Energie darauf verwandte, die Zerstörung verbleibender Biotope aufzuhalten.

Bei der Arbeit lagen Zoos stets am Weg. Als Biologiestudent in Göttingen protokollierte ich während einer Exkursion in die Stuttgarter Wilhelma das Benehmen von Blutbrustpavianen. Als ich selbst „Lehrkörper“ wurde, delegierte ich meinerseits Studierende, Diplomanden, Masterkursabsolventen und Doktoranden in Tiergärten – vom Affenpark Salem bis Apenheul, Stendal, San Diego, Heidelberg, Basel, Arnheim, London oder Chester. Daraus entstanden Publikationen zu spielenden Schimpansen, sozialisierenden Languren, Rechts-links-Händigkeit von Schnurrbarttamarinen, Kindestötungen bei Meerkatzen und Mandrills, Mehrmännergruppen bei Gorillas oder Nahrungswaschen bei Wildschweinen. Tierpfleger und Zooleiter wurden Freunde, baten mich zu Vorträgen, ermöglichten mir die Produktion von Dokumentarfilmen und Fotobüchern, unterstützten meine Naturschutzarbeit.

Mittlerweile allerdings scheint mir meine professionelle Zoophilie – sprich: Tierliebe – nicht mehr vereinbar mit meiner einstigen Zoo-Philie. Mich mit pointierten Worten von meiner eher unreflektierten Akzeptanz der Institution zu verabschieden, ist ein wenig wie das Lebewohl von jener Religion, in die wir ungefragt hineingeboren wurden, um deren Gottesbild erst in reiferen Jahren auf den Prüfstand zu stellen.

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