Ausgabe 3 - 1/2021 - Christiane Heibach

Zwischen Kapitalismus, Kybernetik und KatastropheZur Epistemologie der Klimakapsel

Klimakapseln sind hermetisch abgeschlossene Orte in einer Welt, in der die Atemluft zum schützenswerten Gut geworden ist. Eine vom Designtheoretiker Friedrich von Borries kuratierte gleichnamige Ausstellung in Hamburg lenkte 2010 die Aufmerksamkeit einer breiteren Öffentlichkeit auf dieses Thema, indem sie reale Kunstprojekte, narrative Konstrukte und (noch) nicht realisierte designerische Entwürfe mikroklimatischer Konzepte unter dem etwas reißerischen Signum „Überlebensbedingungen in der Katastrophe“ präsentierte. Klimakapseln, so verkünden die ersten, in übergroßer Schrift gesetzten drei Seiten des die Ausstellung begleitenden Buchs, sind eine Reaktion auf eine umfassende Umweltkatastrophe, in der das Leben in der Außenwelt durch die Verschmutzung und Vergiftung der Atmosphäre unmöglich geworden ist: Als „Wohlstandsinseln“, so heißt es dort, sind Klimakapseln „militärisch und atmosphärisch“ geschützt. Doch schon einen Absatz später wird statt vom (guten) Leben vom „Überleben“ gesprochen. Daraus ist zu schließen – und die versammelten Entwürfe bestätigen dies – dass nicht alle Klimakapseln durch Luxus und Komfort gekennzeichnet sind, sondern manchmal auch nur Minimalbedingungen zur Aufrechterhaltung der menschlichen Existenz bereitstellen: atembare Luft, nicht-kontaminierte Nahrung und etwas, wenn auch wenig Bewegungsspielraum.

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