Ausgabe 6 - 1/2023 - Peter Christian Hall

Zum Lob der Luft, des Lichts, der Sonne und des Lebens: SINGZIKADEN

Wie viele Mitteleuropäer empfinde ich das ohrenbetäubende, landschaftsfüllende Geschrill der Zikaden als den Inbegriff heißer mediterraner Hochsommertage. Trotz seiner Lautstärke und seiner Unentrinnbarkeit hat es mich nie gestört; im Gegenteil, es erweckt, wann immer ich ihm, etwa in einem Film, begegne, einen Anflug von Fernweh. Zikaden gehören, nicht nur für mich, zu den wenigen sympathischen Insekten, die man mag, die man weder fürchtet noch unheimlich oder eklig findet. Und obwohl
ihr Geschrill immer der Beleg für ihr massenhaftes Auftreten ist, gibt es viele die Mittelmeerländer bereisende Touristen, die noch nie oder kaum je eine Zikade gesehen haben. So ähnlich erging es mir in den rund vierzig Jahren, die ich inzwischen mit Griechenland vertraut bin, anfangs auch.

Erst als ich zufällig und völlig unvorbereitet der Zeuge des dramatischen Metamorphose-Prozesses einer Zikadenlarve zum vollentwickelten Insekt wurde, erwachte mein intensives Interesse an diesen hochsonderbaren Insekten, so dass ich begann, sie Sommer um Sommer gezielt zu beobachten und zu fotografieren. Als ich dann bemerkte, dass nicht nur ich, sondern erst recht die große Mehrzahl der Touristen, vor allem aber der eingeborenen Einwohner der mediterranen Länder so gut wie nichts über das Leben dieser allgegenwärtigen Lobpreiser der Hochsommerhitze wissen, fasste ich den Entschluss, dieser verbreiteten Ignoranz abzuhelfen.

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