Ausgabe 4 - 2/2021 - Cord Riechelmann

Nature ist nicht NaturOder von der Überlegenheit der englischen und amerikanischen Literatur

Nature Writing ist nicht bloß ein Name, der im Deutschen keine Entsprechung hat, es ist ebenso eine Wahrnehmungs- und Bewegungsform im ganz plastisch wörtlichen Sinn, wie diese Art des Schreibens eben auch englisch oder amerikanisch ist. Arno Schmidt, der Spazierengehen im Flachland zu seinen Lieblingsbeschäftigungen zählte, geht anders spazieren als Henry David Thoreau, der mit seinem 1862 im Atlantic Monthly erschienenen Essay Walking nicht nur eindringlich vom gemeinsamen (Thoreau ging selten allein), langsamen Gehen durch noch nicht in Privatbesitz überführte kommmunale Landschaften schrieb, sondern auch eines der Grundbücher eines gewaltlosen Anarchismus.

Arno Schmidt hat aber Miniaturen von Wetter-, Himmel-, Landschafts-, Pflanzen- und Tierbeobachtungen geschaffen, die es mit jedem amerikanischen Klassiker aufnehmen können. Als Beispiel mag seine Notiz zum Rebhuhn gelten: „Verfaulte Felder. (Aber nich gans verfault: Burrr flogen Rebhühner auf!“ Wer noch das Glück hatte, vor Jahren eine „Kette“ Rebhühner, wie die nachsommerlichen Gruppen, in denen sich die Hühner versammeln, heißen, auffliegen zu sehen und zu hören, weiß, wie dieses „Burrr“ getroffen ist. Man kann dieses Geräusch, das fünf bis zehn aus dem Gras auffliegende Rebhühner machen, nicht besser in Buchstaben fassen. Und heute, da die Rebhühner fast überall verschwunden sind, bleiben nur Schmidts Buchstaben ohne Vögel, die man auf den ersten Seiten von Kaff auch Mare Crisium „nachhören“ kann.

Nature und Natur meinen also genauso wenig dasselbe, wie der deutsche Wald nicht der Nottingham Forest ist und auch nicht der Wald von Walden bei Concord in Massachusetts.

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