Wo immer wir es mit Energie zu tun haben, dort sind unausweichlich Emotionen im Spiel. Weitläufig kursierende Formeln wie petro melancholia, energy anxiety oder carbon enthusiasm markieren Punkte eines Affektspektrums, dessen Extreme das Versprechen wachsenden Wohlstands durch Energieressourcen auf der einen, und die Androhung von Rezession durch starke Ressourcenabhängigkeit auf der anderen Seite bilden. Das Konfliktverhältnis zwischen Energieoptimismus und Energieskepsis begleitet die Auseinandersetzung mit Energieressourcen jedoch nicht erst, seit ökologische Katastrophen in immer rascherer Folge die Energiewende unumkehrbar machen. Bereits die antiken Deutungen dessen, was energetische Zustände ausmacht, zeugen vom Konfliktpotenzial eines zwischen Entsetzen und Begehren sich zerdehnenden Energiekonzepts. Wenn etwa Aristoteles im dritten Buch seiner Rhetorik enérgeia als Qualitätsmerkmal maximal gesteigerter Anschaulichkeit, Wirksamkeit und Lebendigkeit der
Rede ausmacht, dann exemplifiziert er dies an den Kriegsschilderungen Homers, die Wort und Waffe eng miteinander verklammern. Energetische Rede ist so von Anfang an Sprache im Ausnahmezustand: hochdynamisch und hyperaktiv, aber auch lebensgefährlich. Wer im Zeichen der Energie spricht, der spricht auf dem Höhepunkt seiner Vitalkräfte – und doch potenziell im Angesicht des Todes.
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